Montag, 30. Juni 2008

Enzersdorfer Sonnwendfeuer

Jedes Jahr zur Sommersonnenwende machen wir in Enzersdorf beim Weiher hinter der Kirch ein großes Sonnwendfeuer. Meine Mama und ich basteln dazu eine Hexe, die so groß wie ein richtiger Mensch ist. Darauf freue ich mich immer sehr. Aber es ist auch nicht ganz einfach, denn wir brauchen viele Sachen, die wir uns erst besorgen müssen: Holzlatten, Stroh und schnüre – und natürlich was zum Anziehen.
Am Nachmittag davor gehen wir zur Tante auf den Bauernhof, da finden wir fast alles. Zuerst schrauben wir die Latten wie ein Kreuz zusammen, dann wickeln wir Stroh drum herum und zurren das Ganze mit Schnüren fest. Wir formen Kopf, Arme und Körper. Da eine Hexe auch entsprechend gekleidet sein muss, suchen wir eine alte Schürze, Stofffetzen und ein Kopftuch. Jetzt tragen wir die Hexe zum Holzhaufen. Irgendjemand hebt sodann Mama mit einer Bulldogschaufel hoch, damit sie die Hexe gut auf der Spitze des Holzhaufens unterbringen kann. Fertig!
Ungeduldig warte ich sodann auf das Anzünden des Feuers. Doch das dauert, denn das ist der längste Tag und die kürzeste Nacht des Jahres. Endlich ist es soweit!
Papa und ein paar andere Männer zünden den Holzhaufen an. Langsam frisst sich das Feuer an die Hexe heran. Alle warten gespannt auf den Augenblick, wenn die Flammen die Hexe erreichen. Funken steigen in den dunklen Nachthimmel. Es knistert und knackst, die Hitze wird so stark, dass wir ein paar Schritte zurück müssen. Die Flammen lodern hoch, schon fängt der Rocksaum Feuer. „Die Hexe brennt!“, rufe ich aufgeregt. Jetzt geht es ganz schnell. Der Körper aus trockenem Stroh brennt bald lichterloh. Das Feuer frisst sich die Arme entlang, bis zum Kopf der Hexe. Der fängt an zu glühen. Das Kopftuch erwischt es zum Schluss.
Nach einiger Zeit ist von der Hexe nichts mehr übrig und auch der Holzhaufen wird immer kleiner. Wir sehen noch einige Zeit in die Flammen und lassen uns von der Glut wärmen.

Karina Regner

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