Donnerstag, 3. Juli 2008

Das Frauenbründl

Auf dem Schloss bei Witzmannsberg erwarteten der junge, übermütige Graf
Und seine bildschöne Frau die Geburt eines Kindes. Der Vater ersehnte sich einen
Stammerben, die Mutter wünschte sich ein liebes Mädchen.
Während die Gräfin in den Wehen lag, bereitete der Graf ein großes Fest vor.
Schon brannten die Fackeln in goldenen Lampen mit geschliffenen Gläsern.
Vor lauter Vorfreude funkelten die Augen des Grafen. Stolz trank er mit seinen Gästen
Auf das Wohl seines Nachfolgers. Doch das Glas zerbrach in seiner Hand.

Man brachte dem Grafen auf einem Kissen ein Mädchen. Ein Kind
Wie tausend andere Kinder, nur ärmer als sie. Das Kind war blind geboren. Wie ein
Fluch legte sich die Nachricht über das Schloss. Schnell verabschiedeten sich die Gäste.
Der Graf verließ noch in derselben Nacht sein Schloss und seine Heimat.
Als Soldat zog er in den Krieg, der damals in Deutschland wütete, und versuchte dort zu
vergessen.

Seine Frau machte sich große Sorgen um den Vater und ihr Kind. Sie betete Tag und
Nacht. Die Sorgen wurden dadurch nicht geringer. Aber aus dem Kind wurde ein schönes
Mädchen, das hieß wie ihre Mutter: Maria. Aber wer es am Stock gehen sah,
dem tat das Herz im Leibe weh. Das Mädchen hatte einen Lieblingsplatz, zwischen
Erlen auf einer Wiese, wo es besonders gerne hinging, um an dem Brunnen zu Maria
zu beten. Da saß sie nun einmal mitten im Mai unter der Sonne und blauem Himmel,
als sie plötzlich eine Stimme hörte: "Maria, bade
deine Füße und Augen im Brunnen!" Das Mädchen tat, was die Stimme sagte.
Die Nacht wurde zur Dämmerung, die Dämmerung wurde zum Morgenlicht.
Und das Morgenlicht wurde zu einem wunderschönen, sonnigen Tag im Mai.
Erlöst! Geheilt! Die Mutter strahlte vor Glück. Aber sie machte sich immer noch
Sorgen um ihren Mann.

Wieder vergingen Jahre, und das Mädchen wurde eine junge Frau. Sie sah aus wie
Ihre Mutter. Ihr Lieblingsplatz war immer noch die Wiese zwischen den Erlen
mit dem Heilbrunnen geblieben.

Und als sie dort wieder einmal saß, entdeckte sie ein Reiter. An Hand der
blut- und staubbedeckten Kleider sah man, dass er aus dem Krieg kam.
Wegen seiner Kopfverletzung war sein Kopf verbunden. Als er Maria
sah, fiel er fiebernd vom Pferd und bat Maria um Verzeihung der Sünden und
einen Schluck Wasser - er hatte Durst.

Das Mädchen reichte dem Soldaten etwas Heilwasser und führte ihren Vater,
den sie mittlerweile erkannt hatte, zur Mutter. Der Graf wurde wieder gesund. Er
versprach der Mutter eine Kaplle zu erbauen. Weil aber der Heilbrunnen hin
und wieder austrocknete, bat er den Himmel, die heilige Stelle zu kennzeichnen.
Da schwebte mitten im Mai eine Wolke über die unterirdische Wasserquelle.
Und sie begann die Umrisse einer Kapelle zu schneien.

"Maria im Schnee" nennen wir die Kapelle in Witzmannsberg.


Michaela Braun, 4. Klasse

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