Mittwoch, 1. Oktober 2008

Enzersdorfer Schulhofgeschichten (7)

Pünktlich eine halbe Minute nach Pausenbeginn steht er bereits unten, sein Pausenbrot in der Linken, die gelbe und rote Karte in seiner Tasche und das Pfeifchen im Mund. Im Winter wie im Sommer, bei schönem Wetter, Wind, am liebsten auch bei Regen. Die Mütze ist obligatorisch, sonst würde man ihn mit seinem gerade einmal 1,24 m als Schiedsrichter vielleicht nicht so leicht erkennen: Johannes aus der 3. Klasse.
Warum er diesen knallharten Job tagtäglich zweimal macht, weiß man nicht so genau. Wer liebt es schon, sich ständig mit Rüpeleien, aufgeregten Spielern, Streithanseln, die bei jedem Elfmeter gleich in die Luft gehen, herumzuärgern? Johannes jedoch lässt all das kalt. Er pfeift das Spiel mit einer Souveränität, die manchem Profi wohl vor Neid erblassen ließe, würde er das alles bloß sehen. Diese Konsequenz, diese unbestechliche Neutralität, dieses sichere Regelwissen ist es auch, was ihm bei allen Respekt verschafft. Und dazu zählen vor allen die Vierklässler, die alle um einen Kopf größer sind als er (Klasse 3). Und wenn es sein muss, dann stellt er auch den Allerlängsten für drei Minuten vom Platz, mag der sich vor Ärger auch noch so am Boden wälzen und mit den Beinen wackeln.
Des Lehrers Pause-Ende-Ruf erreicht letztlich erst dann seine volle Akzeptanz, wenn kurz darauf Johannes ebenfalls das Spiel abpfeift. Ja, so manche Talente blitzen auch schon im zarten Kindesalter durch!

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